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Bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten stellt sich die Frage, wie wir den Zugang zu den Angeboten und ihre Qualität auch für benachteiligte Gruppen sichern können. Wer sind die benachteiligten Gruppen konkret und wie können wir sie differenziert erfassen und effektiv ansprechen? Wir stellen konzeptuelle Grundlagen für Sie bereit.

Ungleichheit, Benachteiligung und Gesundheit

In den letzten Jahrzehnten wurden unzählige Studien veröffentlicht, die unser Bewusstsein dafür schärften, dass Gesundheit eng mit sozialer Ungleichheit verbunden ist. Das heisst, die Häufigkeit von Erkrankungen und Beeinträchtigungen ist abhängig von der Position, die eine Person in der gesellschaftlichen Hierarchie einnimmt. Insbesondere der Zusammenhang von Gesundheit und sozioökonomischem Status (der sich aus Bildungshintergrund, Einkommen/Vermögen und beruflichem Status ergibt) ist empirisch gut belegt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Je höher der sozioökonomische Status ist, desto besser ist die Gesundheit. Der Bildungshintergrund, das Einkommen/Vermögen und der berufliche Status werden als «vertikale» Ungleichheitsmerkmale bezeichnet.

Neuere Forschungen machen darauf aufmerksam, dass soziale Ungleichheit und Benachteiligung nicht ausschliesslich aufgrund von vertikalen, sondern auch von «horizontalen» Merkmalen entstehen kann. Diese Merkmale erlauben ebenfalls eine Unterteilung der Gesellschaft in Gruppen und sie tragen zur Position bei, die ein Individuum in einer Gesellschaft einnimmt. Entsprechend stehen auch sie in engem Zusammenhang mit der Gesundheit. Insbesondere die Merkmale Geschlecht, Nationalität bzw. ein allfälliger Migrationshintergrund, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, Familienstand, Wohnregion und Alter werden als wichtige horizontale Merkmale erwähnt, die die Gesundheit stark beeinflussen können.

Vertikale und horizontale Ungleichheitsmerkmale überschneiden sich vielfach (z. B. weiblich, tiefer Bildungsstand, Migration und alleinerziehend) und entfalten so kumulative Effekte und verstärkte gesundheitliche Belastungen (siehe Grafik). Die Wirkungsweisen dieser Kombinationen sind vielfältig und machen es schwierig, benachteiligte Gruppen einheitlich zu definieren, insbesondere da strukturelle Merkmale ihre Wirkung in Kombination mit individuellen Lebensstilen und Verhaltensweisen entfalten. Deshalb hat die Genderforschung vorgeschlagen, genau auf die Intersektionen zu achten, d. h. auf Überschneidungen der Ungleichheitsachsen in unterschiedlichen Situationen an unterschiedlichen Punkten. Dem Konzept der Intersektionalität zufolge entsteht Benachteiligung in diesen komplexen Überschneidungen.

Es gibt jedoch auch Handlungspotenziale und aktivierbare Ressourcen. Auch diese sind zwar ungleich verteilt, doch sind auch Ressourcen bedeutsam, die nicht nur auf Armut und Reichtum im Sinne von finanziellen Ressourcen basieren. Ökonomisches Kapital ist nur ein Aspekt. Für die Gesundheit wichtig sind Bildung und Wissen (kulturelles Kapital), welche befähigen, Informationen zu Gesundheit zu finden und zu nutzen, oder der Zugang zu unterstützenden sozialen Beziehungen (soziales Kapital).

Wollen wir unsere Angebote auch den benachteiligten Gruppen zugänglich machen und wirksam umsetzen, so lohnt es sich, die Zielgruppen entsprechend dem Konzept der Intersektionalität wie in der Grafik dargestellt zu bestimmen und in der Planung, Entwicklung und Umsetzung eng mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ein Bericht von Gesundheitsförderung Schweiz mit konkreten Erfolgskriterien dazu ist in Erarbeitung.


[Leicht bearbeitete Auszüge aus: Weber 2019 - Chancengleichheit in der Gesundheitsförderung und Prävention. Bern: GFCH, BAG und GDK (Dokument in Arbeit) und Soom Amman, Eva & Salis Gross, Corina (2011), Alt und schwer erreichbar. «Best Practice Gesundheitsförderung im Alter» bei benachteiligten Gruppen. München: Akademische Verlagsgemeinschaft (www.avm-verlag.de)]


Kontakt: dominik.weber(at)promotionsante.ch